Der tote Broeker und die Düffeltfee
Eine mysteriöse Kurzgeschichte aus der Düffelt
Es war ein schöner herbstlicher Altweibersommertag, nicht zu warm und nicht zu kalt. Die lange Regenperiode in den letzten Wochen hatte seine Spuren in den Wiesen und Felder hinterlassen. Ein leichter Dunst und der feuchte Duft von Wiesenkräuter breitete sich über die Düffelt aus, als Jan der Fischersohn aus Nütterden über die „Langen Hufe“ in Richtung Meer lief. Er wollte sich in der „alden Kath“ am Stüvennest in Meer mit Rosude treffen.
Jan und Rosude kannten sich aus jenen Tagen, als sich beide am Kermisdahl in Kleve bei den Kermiden kennen lernten und angefreundet hatten.
Auf ihren Wanderungen zwischen den Welten in der Düffelt, pflegt Rosude enge Kontakte mit den Tieren, Pflanzen und mit den nicht für alle Menschen sichtbaren mystischen Wesen. Aus diesem Grund hat Jan der Fischersohn ihr liebevoll den Namen „Die Düffeltfee“ gegeben.
Jan lief zügig die schmale Straße Richtung Meer endlang. Er traute der Witterung nicht, denn links des Weges strahlte der Himmel blau und sich auf der anderen Seite des Weges sich dunkle Wolken über die Düffelt zusammenbrauten.
Kurz vor einer starken Biegung des Weges hielt Jan inne. Auf einem Baumstupf bei einem Wassergraben sah er Rosude sitzen. Sie schien sich mit jemanden zu unterhalten, doch Jan konnte erstmal niemanden entdecken. Um Rosude nicht zu stören blieb er stehen.
Drohte ihr etwa Gefahr aus dem Entwässerungsgraben, der an dieser Stelle besonders breit und tief war.
Da er wie Rosude über magische Fähigkeiten verfügte, versuchte Jan zwischen den Welten mit ihr in Kontakt zu kommen. Er merkte sofort, dass sie sich mit den guten Geistern der Düffelt unterhielt. So, wie es nur ihr immer wieder gelang. Durch diese Begegnungen wurde Rosude immer wieder motiviert, die Düffelt zu erwandern und neue Kontakte mit den guten Geistern, den Fabelwesen und den Wichten zu suchen.
Als Jan auf Rosude zuging, erschrak sie kurz. Aber dann richtete sie sich vom Baumstamm auf und begrüßte Jan herzlich. Wie zufällig bemerkten beide wie ein Blubbern aus den Wassergraben aufstieg.
„Du musst vorsichtig sein liebe Rosude, wenn du hier alleine unterwegs bist“ warnte Jan mit bewusst ruhiger Tonlage in seiner Stimme.
„Gerade hier an den Wassergräben droht oft Gefahr. Es kommt immer wieder vor, dass sogenannte Untote-Broeker aus den Wassern steigen. Diese Broeker kamen vor Jahrhunderten aus den Niederlanden hierher und mussten im Auftrag der Grafen von Cleve die Niederung trockenlegen. Sie waren zwar Spezialisten um die Düffelt zu entwässern, um so die Niederung landwirtschaftlich nutzbar zu machen. Aber viele dieser Broeker kamen bei ihrer harten Arbeit auf mysteriöse Weise ums Leben. Diese Untoten hatten sich schon lange den bösen, satanischen Mächten in der Düffelt angeschlossen.“
Rosude sah Jan nun fragend an, sie hatte aufmerksam zugehört.
„Aber wovor sollte ich denn Angst haben? Vor den Geistern der Düffelt?“
schaute sie Jan erstaunt an und fuhr fort.
„Es gibt immer solche und solche und ich habe hier immer nur gute Geister und Kobolde in der Düffelt vorgefunden.“
„Du sollst keine Angst haben, aber vorsichtig solltest du sein,“
erwidert Jan etwas vorwurfsvoll und ergänzte sofort,
„du musst immer dein magisches Schutzschild um dich herum aktivieren, damit dir nichts passieren kann wenn du alleine unterwegs bist. Du weißt das hier in der Düffelt blutrünstige und satanische Monster ihr Unwesen treiben, darunter sind auch die Untoten-Broeker. Immer wieder fallen sie über unschuldige Menschen her, um in ihrem Blutrausch zu ergötzen. Sie wollen die Gewaltherrschaft in der Düffelt bekommen um die Menschen hier zu knechten. Mir ist es mit Anderen bisher immer gelungen die Bande unter Kontrolle zu halten.“
Kaum hatte Jan dies ausgesprochen, verdunkelte sich der Himmel und ein Rauschen und Stöhnen drang aus den Tiefen der Wässerung an die Oberfläche.
Rosude erschrak, sie rückte näher an Jan heran und ergriff seine Hand.
„Habe ich es mir doch gedacht,“
sagte Jan etwas aufgeregt vor sich hin, er hatte vorsichtshalber einen Schutzschild mit seinen magischen Kräften um den gesamten Ort gespannt. So waren sie vor den dämonischen Gewalttaten geschützt.
„Schon auf dem Weg hierhin spürte ich eine negative Spannung in der Luft. Ich merkte sofort das wir hier an diesen Ort von bösen Schwingungen begleitet wurden,“
sagte Jan zu seiner Freundin, die jetzt noch näher an ihn herangerückt war. Die Fabelwesen und Wichte, die zuvor mit Rosude hier so friedvoll gesprochen hatten, waren längst in ihrer sicheren Fabelwelt entwichen.
Die Vögel verstummten plötzlich, als ein starker Windstoß über die Düffelt hinwegfegte. Auf der Oberfläche des Wassers vor ihnen wirbelten Strudel und Wasserfontänen empor, als das schreckliche geschah.
Jetzt zeigte sich in der aufsprudelten Gischt plötzlich die Fratze eines Untoten der aus den Tiefen des Wassers empor stieg.
Jan reagierte sofort und legte zusätzlich seine magische, silberne Kette um Rosude und sich. So waren sie unangreifbar gegen alles Böse geworden.
Der Untote wich zurück und versank mit einen lauten, gurgelnden Laut zurück in die tiefen des Wassergrabens. Er konnte Jan und Rosude nichts anhaben.
„Auf solche Erlebnisse kann ich in Zukunft aber verzichten lieber Jan,“
sagte Rosude Jan zugewandt und ließ seine Hand los, die sie während des schrecklichen Geschehens festgehalten hatte,
„da lobe ich mir meine guten Geister, denen ich sonst immer hier in der Düffelt begegne.“
„Richtig liebe Rosude, darum nenne ich dich auch meine Düffeltfee, aber achte immer auf dein magisches Schutzschild um dich herum. So kann das Böse dir nichts anhaben,“
antwortete Jan und fügte mit einem Lächeln hinzu,
„ich möchte mit dir noch viele schönen Geschichten erleben.“
Urplötzlich wurde der Himmel wieder blau, die Vögel zwitscherten wieder und Jan und Rosude schauten zusammen der untergehenden Sonne entgegen. Sie hatten sich noch viel zu erzählen……
Für Jan dem Fischersohn aus Nütterden sollte es später noch eine weitere schicksalhafte Begegnung mit den Broekern geben, aber das ist eine ganz andere, neue Geschichte.