Der Klever Schwan kommt aus Nütterden

- Eine etwas andere Lohengrin Geschichte –

 

Das folgende Geschehen spielte sich so oder so ähnlich vor Urzeiten am Rande der eiszeitlichen Endmoränen in der Düffelt ab, die sich von Nimwegen bis nach Xanten hinzogen. Bewachsen war der Höhenzug mit dem Ketelwald (dem heutigen Reichswald), der überwiegend mit riesigen, dunklen Buchen- und Eichenbäumen bewachsen war. Aus den schroffen, zerklüfteten Hängen dieses Waldes, sprudelten hier die „Sieben Quellen“ von reinstem Wasser hervor. Die Quellen sammelten sich zu einem großen Teich, in Nütterden, einem Ort am Fuße des Höhenrückens. Aus diesem Teich speist sich die Renne, im Volksmund auch „et Renneken“ genannt. Dieser Fluss machte Nütterden zu einem wichtigen Handelsplatz in der Region. Die Renne war ein alter Schifffahrtsweg in der „Düffelt“, der durch den größten Hafen in der Region bei Zyfflich und dem Wyler Meer floss, ehe sie in die Waal bei Nimwegen mündete. Eine solche schiffbare Verbindung hatte die Renne auch mit dem „Groesbecker Bach“ bei Kranenburg und dem „Kermisdahl“ bei Kleve. Die gesamten Niederrheinlande konnte so über die wichtige Wasserstraße Renne zivilisiert werden und wichtige Güter transportieren.  Über Landwege waren die Dörfer in der Düffelt nicht immer erreichbar, weil die gesamte Region immer wieder von Hochwasser bedroht war und weite Landflächen ein sumpfiges Moorgebiet war.

Der große Quellteich in Nütterden, auch „Forellenteich“ genannt, wurde als Trinkwasser- und Fischreservoir von den Menschen über jahrhunderte genutzt. Hier nun, an dem mit hohen Pappeln dicht bepflanzten Ufer der Renne, nahe an einem alten Fischerhaus, geschah eines Tages etwas Geheimnisvolles.

Ein starker, heller Sonnenstrahl durchbrach die hohen Bäume am Ufer der Renne und schien auf ein mit Silber- und Goldfäden durchwebtes Schwanennest. Bisher war es noch von keinem entdeckt worden. In dem ungewöhnlichen Nest befand sich nur ein einziges, schneeweißes Ei. Innerhalb von Sekunden zerbarst die Schale des Eies und unter den Klängen von mystischen Melodien trat ein stolzer, weißer Schwan hervor. Von den Schwaneneltern war allerdings weit und breit nichts zu sehen. Nur der alte, vergrämte Fischer schaute von seinem Platz auf, wo er gerade seine Fischnetze flickte und sah verwundert auf das Nest, als er eine Stimme vernahm, die zu dem so eben geschlüpften Schwan sprach;

 „Ich gebe dir den Namen Jan. Tue Gutes für die Menschen hier in den Niederrheinlanden und begleite sie schützend auf all ihren Wegen.“

Der alte Fischer sank vor Ehrfurcht auf die Knie, er konnte es kaum glauben, denn vor einem Jahr war sein einziger Sohn Jan beim Fischen in der Renne ertrunken. Seit dem Tod des Sohnes waren schwere Zeiten für den Fischer angebrochen, er konnte seine Frau und seine zwei kleinen Töchter nicht mehr richtig ernähren. Jetzt sah er mit freudigen Tränen in den Augen, seinen Sohn Jan in der Gestalt eines stolzen Schwanes wieder. Das geheimnisvolle an dem Geschehen war, das der gerade geborene Schwan Jan als mystisches Fabelwesen die Gestalt eines Menschen annehmen konnte, je nachdem wie die Umstände es erforderlich machten.

Der helle Sonnenstrahl verblasste langsam und es war nur noch das leise säuseln des Windes in den Baumwipfeln vernehmbar. Die Fischerfamilie aber lebte von nun an wieder vereint und glücklich zusammen.

Bis, ja bis eines Tages ein Edelmann das einfache Fischerhaus betrat.

„Ich bin Lohengrin“

stellte sich der edle Ritter vor.

„Mein Vater ist Parzival, der Hüter des Heiligen Grals und der Hochmeister des Templeisen-Ordens. Diesem Ritter Orden gehöre auch ich an. Ich bin in geheimer Mission auf dem Weg nach Cleve“,

fuhr der Ritter fort,

„wo ich Elsa von Brabant heiraten werde. Habt ihr ein entsprechendes Schiff für mich. Auf dem beschwerlichen Weg hierhin bin ich mit einem alten römischen Lastkahn gefahren, das ist kein standesgemäßes Gefährt für mein Vorhaben.“

Der alte Fischer erschrak zuerst, denn er hatte schlechte Erfahrungen mit so manchem Edelmann gemacht. Normalerweise kamen solche hohe Herren nicht in seine bescheidene Behausung.

Nachdem er sich von dem ersten Schreck erholt hatte, sagte er mir ehrfurchtsvoller Stimme zu dem Edelmann;

„Da kann ich helfen edler Herr, mein Sohn Jan kann euch sicher bis nach Cleve bringen. Er wird ein Schiff ziehen, womit ihr in Cleve repräsentieren könnt. Kommt mit nach draußen dann werdet ihr es schon sehen.“

Vor dem Fischerhaus auf der Renne schwamm ein festlich geschmückter Kahn der von einem prächtigen, weißen Schwan an einer magischen, silbernen Kette gezogen wurde. Der Ritter war so begeistert, dass er den Fischer fürstlich entlohnte und in den Kahn einstieg. Seit Lohengrin dem Ritterorden vom heiligen Gral angehörte war er es gewohnt mit mystischen Fabelwesen um zu gehen. Es wunderte ihn darum auch nicht, dass er mit dem Schwan wie mit einem Menschen reden konnte. Jan der Schwan sollte von nun an sein Begleiter sein.

Sie zogen zügig an dem alten Försterhaus und dem Hof von „Bauer Anton“ in Nütterden vorbei. Kurz vor der gegenüber liegenden „Kochschen Papiermühle“ mussten sie einen kleinen Schlenker machen weil ein voll beladener Lastkahn Pappelholz bei der Mühle anlieferte.

An der großen Holzbrücke, die über der Römerstraße gebaut war, saßen bei herrlichem Sonnenschein der alte Kromwijk, der mit seinen beiden Nachbarn Flintrop und Peters ein Pfeifchen rauchend, auf einer Bank. Sie wunderten sich kurz, das ein Schwan mit so einem stattlichen Ritter in einem Kahn auf der Renne unterwegs war. Dann unterhielten sie sich gestikulierend weiter. Die glänzende Ritterrüstung von Lohengrin strahlte schon von weitem, als ein Stückchen weiter der Müller Heinrich ob de Kamp vor seiner Getreidemühle stand und dem eigentümlichen Gefährt zu winkte.

Die Renne war auf diesem Teilstück sehr schmal und sie mussten den Flößern, die ihre Baumstämme, die sie im Ketelwald geschlagen hatten, ausweichen. Jan und der Ritter schafften es heute nur bis zu dem stattlichen Beckschenhof, der an der Ecke Schaafsweg / Lindenstrasse unmittelbar an der Renne lag. Der Bauer Jakob war noch dabei die Kühe zu melken während zwei Knechte schwitzend einen kleinen Lastkahn mit Heu abluden. Sie hatten das Heu von den Wiesen an der Bruchschenstraße geerntet. Die Wege in der Niederung waren um diese Zeit sehr aufgeweicht, deshalb konnten sie nicht mit den schweren Holzwagen bis zum Hof fahren. Als die Bäuerin den Edelmann und den etwas erschöpften Jan sah, rief sie ihnen zu;

„Gej twee könnt van nacht ob de Däl in de kamer van enen Knecht schlope, enn wat te äte heb ek ok noch för ow twee ,“

Sie lud die beiden in der hier üblichen Dialektsprache „Kleverländisch“ ein, die Nacht auf dem Hof zu verbringen. Wie selbstverständlich wurde Jan der Schwan als Mensch wahrgenommen. Lohengrin und Jan nahmen das freundliche Angebot der Bäuerin gerne an, denn sie hatten ja noch ein großes Stück ihrer Reise vor sich. Sie traten in die Küche ein und waren überrascht wie ungewöhnlich groß diese war. Die Stube war einfach eingerichtet, aber sehr sauber. An der Stirnwand befand sich ein riesiger „Bussem“ mit einen offenen Feuer. Auf der anderen Seite befand sich in der Ecke ein kleiner Hausaltar, so wie es sich für eine christliche Bauernfamilie ziemte.

Hier in der Küche des Hofes fand das tägliche gemeinsame Leben der Bauernfamilie statt. Die Bäuerin wandte sich dem Ritter und seinem Begleiter Jan zu;

„Ekk häb Supp ob et Führ, dat is läkkere Kernemelkse Papp met gedögte Prumme“ sprach sie „dor met heb ek eenentwentig Blaage groot getrokke, dor es för ow twee ock noch wat öwer“.

Kaum hatte sie das ausgesprochen stürmten alle einundzwanzig Kinder in die Stube und versammelten sich an der großen Holztafel. Sie klapperten ungeduldig mit ihren Holzlöffeln an zwei große Schüsseln die auf dem Tisch standen. Die beiden Fremden wurden von den Kindern gar nicht wahrgenommen. Der Bauer war inzwischen aus dem Stall gekommen und nahm an der Kopfseite des Tisches platz. Dieser Platz war immer für den Vater reserviert, keiner sonst durfte hier sitzen.

Wie auf Kommando waren die Kinder still und alle begannen wie im Chor ein Tischgebet zu sprechen, um Gott für die Speise zu danken, so wie es seit je her kannten.
Erst dann füllte die Bäuerin aus einem großen, über dem offenen Feuer hängenden Kessel die heiße, nahrhafte Buttermilchsuppe mit getrockneten Pflaumen. Alle zusammen löffelten sie nun gemeinsam aus den beiden Schüsseln das Abendmahl. Dazu gab es noch für jeden ein deftiges Stück Brot, das bevor der Bauer es anschnitt, mit einem eingeritzten Kreuz auf der Unterseite versehen wurde, so wie es der christliche Brauch es verlangte. Die religiösen Rituale waren dem Ritter und dem Fischerjungen fremd, aber sie waren froh ein Nachtlager bei der Bauernfamilie gefunden zu haben.

Am anderen Morgen herrschte schon sehr früh reges Treiben auf dem Hof, denn es war Erntezeit. Mit den ersten Sonnenstrahlen und dem morgendlichen Glockengruß von der nahe gelegenen Kapelle Sankt Georg, verabschiedeten sich Lohengrin und Jan bei den Bauersleuten. Die Kinder schliefen noch selig auf ihrem Strohlager als sich die beiden Gäste auf den Weg zur Brücke machten, die über die Lindenstraße gebaut war. Dort wartete schon „Jupp der Fuhrmann“ mit seiner Kutsche und seinem Pferd „Mirca“. Er hatte von Lohengrins Vater Parzival den Auftrag bekommen an diesem Morgen eine Holztruhe vom Schmiede- und Schlossereibetrieb Schoemakers im Hammereisen abzuholen, um sie pünktlich hier vor der Brücke an Lohengrin zu übergeben.
In der schweren, mehrfach gesicherten Truhe befand sich das Brautgeschenk von Lohengrin an Elsa von Brabant. Es war ein großer goldener Schwan, der nach wochenlanger geheimer Arbeit von dem Schmied Schoemakers in Nütterden gefertigt wurde. Dieser goldene Schwan soll nach der Hochzeit von Lohengrin und Elsa die Spitze der Burg in Cleve krönen. Jupp der Fuhrmann wurde von Lohengrin für seine Transportdienste entlohnt nachdem dieser die schwere Truhe mit großer Anstrengung in den Kahn gehievt hatte.

Scheinbar mühelos zog Jan den nun viel schwereren Kahn unter die Brücke durch, er hatte die silberne Zugkette wieder angelegt. Diese magische, silberne Kette verlieh ihm ungeahnte Kräfte. Schnell fuhren sie nun die starke Strömung der Renne nutzend, Richtung Schloss Klarenbeck weiter. An der rechten Seite des Flusses beobachtete Lohengrin wie gerade eine neue Siedlung gebaut wurde. Da der Boden hier sehr sumpfig war, werden die Häuser auf Eichenstämme gebaut, die im nahen Ketelwald geschlagen und in Floßverbänden über die Renne hierher geschafft werden. An der linken Seite fand eine Schützenübung an dem dafür eingerichteten Schießstand statt und kurz dahinter trainierten die Gladiatoren in der Sportarena von Nütterden. All das nahmen Lohengrin und Jan wahr, als sie auf das prächtige, vier türmige Wasserschloss Klarenbeck zusteuerten.

Johann von Klarenbeck begrüßte die beiden Reisenden von der Zugbrücke aus und sicherte ihnen, nachdem er ihnen einen erfrischenden Trank gereicht hatte, in einem versiegelten Brief freie Fahrt bis Cleve zu. Den sollten sie auf verlangen von den Gutsherren vorzeigen, dessen Territorium sie durchfahren mussten. Der Ritter Lohengrin und Jan der Schwan brauchten einige Zeit um die groß angelegte Schlossanlage mit dem angegliederten Bausenhof und die Mühlenanlage über den angestauten See die Weert zu verlassen.

Kurz hinter dem Elsenhof teilte sich die Renne in „Die große Wässerung“. Links floss die Renne Richtung Zyfflicher Hafen und Rechts floss sie in Richtung Cleve.
Sie bogen rechts nach Cleve ab und kamen nun, an Haus Hox, dem Haysenhof, Neu Nütterden auf der rechten Seite und dem Lindenhof links vorbei. Die Donsbrügger Windmühle und die Schmiede Heister links hinter sich lassend, kamen sie nun in ein ruhigeres Fahrwasser. Die Renne floss hier nicht weit von dem dicht bewaldeten Höhenzug vorbei.

Es war Mittag geworden, den Betrachtern zeigte sich vor der berüchtigten „Kampfarena op de Heij“ ein herrschaftliches Anwesen auf den Höhen des Ketelwaldes. Die weiß schimmernden Stämme der Birkenallee, die hinauf zu der Villa führte, leuchteten im strahlenden Sonnenlicht bis in die Niederung.

Hier hatte ein altes geldrisches Adelsgeschlecht, die „Herren von Hoe“ ihr Jagdhaus. Sie waren durch ihren regen Handel zu Reichtum und Ansehen in der Region gekommen. Ritter Lohengrin war hier oft zu Gast gewesen und hatte die ausgiebigen Jagdausflüge mit dem Hausherrn genossen. Als „die von Hoe“ ihr Jagdhaus verkauften, munkelte man das sie über ihre Verhältnisse gelebt hätten. Das Gegenteil war allerdings der Fall. Sie verlegten ihren Stammsitz nach Nütterden, wo sie ein noch größeres und schöneres Anwesen bauten. Da Nütterden, wie schon beschrieben ein wichtiger Handelsort in der Region war, konnten die „Herren von Hoe“ ihr Vermögen von hier aus besser vermehren und weitere Güter im Klevischen erwerben. Der Kontakt mit Ritter Lohengrin und den „von Hoe“ war nie abgebrochen.

In der Ortsmitte von Donsbrüggen, an der Kirche angekommen, wartete eine große Überraschung auf dem Ritter. Am Ufer der Renne stand sein alter Freund Pastor Bernhardus mit Jupp dem Herbergsvater vom Waldschlösschen. Bernhardus wird im Volksmund freundlich der „Menschenfischer von Donsbrüggen“ genannt und sein Haus, die Kirche St. Lambertus, steht zu jeder Zeit, für jedem offen, der Hilfe braucht. Die Begrüßung war herzlich, die beiden Freunde hatten sich lange nicht mehr gesehen. Früher hatten sie sich bei einem guten Fläschchen Wein die Nächte, philosophierend und diskutierend, um die Ohren geschlagen.

Natürlich freute sich Bernhardus über die Hochzeit von Ritter Lohengrin mit Elsa von Brabant und gerade aus wie er nun mal war, bot er sich spontan an die beiden zu trauen. Über dieses Angebot war der Ritter so erfreut, dass er seinen Freund sofort nach Cleve zur Hochzeit einlud, zumal Pastor Bernhardus am Hof von Cleve gut bekannt war und dort schon oft eine Messe abgehalten hatte.

Bevor Lohengrin und Jan weiter Richtung Cleve reisten, warnte Bernhardus die Beiden noch vor einer Bande von Rabauken. „Frankus von der Kranenburger“ war ihr Anführer und seine berüchtigten Rabauken hießen Michaelis, Andreas, Holgerus, Andre’us und Stefanus. Diese hatten ihr Hauptquartier im finsteren Ketelwald zwischen dem Spielberg und der Schlucht, von wo aus sie ihr Unwesen in Donsbrüggen trieben. Man konnte ihnen schlecht habhaft werden, da sie sich immer, wenn sie verfolgt wurden, über ein geheimes Kommandosystem von Baum zu Baum schwangen und so über die tiefe, gefährliche Schlucht entkamen.

Wachsam fuhren Lohengrin und Jan nun weiter in das „Tal der Gnade“ sie wollten eigentlich auf dem „Ganswykshof“ übernachten, stellten aber fest, dass der Hof gerade von den Mönchen vom Orden des St. Augustinus aus Uedem, zu einem Kloster umgebaut wurde.Sie mussten also sehen, dass Sie noch vor Anbruch der Dunkelheit ein Quartier fanden.

Als sie die Renne weiter befuhren bemerkten sie auf der parallel zum Fluss verlaufenden Weg „Kuhstronzeglei“ genannt, einen Reiter. Es war der „Junker Alexander von Donsbrüggen“ der auch auf dem Weg nach Cleve war.

„Könnt ihr mir hier in der Gegend eine Herberge empfehlen?“

rief Lohengrin dem Junker zu. Dieser verlangsamte seinen Ritt und rief zurück:

„In Arenacum, in et „Gut op gen Poll“ nit wiet wech van hier, dor könt gej äte en schlope. Ek sin eiges op de Wech dor hen. Wenn gej wellt bestell ek wat de Äte en een Kamer vor ow“.

„Mache das Junker wir kommen gleich. Es soll dein schaden nicht sein“

antwortete Ritter Lohengrin erfreut.

Leicht erschöpft von der Reise über die Renne, wurden Lohengrin und Jan, dieser hatte wieder die Gestalt eines Menschen angenommen, vom „Provisor“ des Gutes freundlich empfangen. Das Gut wurde von Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg als Jagdhaus genutzt deshalb war die geräumige Halle, in der auch die Mahlzeit eingenommen wurde, voll mit Jagdtrophäen geschmückt.

„Gujen Dag edler Ritter“ empfing auch der Junker Alexander die beiden Ankömmlinge.

„Ek hoop dat alles gut es wat ek för ow bestellt heb Heer“ und zeigte auf eine reich gedeckte Tafel.

„Danke Junker, wir sind froh diese Herberge für heute gefunden zu haben. Morgen werden wir auf der Burg in Cleve erwartet, so können wir dort ausgeruht erscheinen. Seid mein Gast, esst und trinkt so viel ihr wollt.“ erwiderte Lohengrin.

„Ek ben Junker „Alexander van Donsbrüggen“

stellte sich der Angesprochene nun vor und verbeugte sich vor dem stattlichen Ritter. „Ok ek benn märgen fruch op de Burg van Kleef ingeloje, min Cosine Elsa van Brabant traut dor ennen Ritter.“

„Welch eine Überraschung, dieser Hochzeiter bin ich“, freute sich Lohengrin „da haben wir den gleichen Weg. Ja, ich erinnere mich, Elsa hat mir schon von dir erzählt, bist du nicht der tapfere Alexander, nach dem in den Niederlanden die „Prinz Alexander Laan“ benannt wurde?“

„ Joo denn sin ek“

stammelte Alexander leicht errötend. Die beiden hatten sich an dem Abend bei einem guten Glas Wein noch viel zu erzählen, wobei sich Jan dezent im Hintergrund hielt.

Am anderen Morgen brachen Lohengrin und Jan, gestärkt durch ein kräftiges Frühstück, auf nach Cleve. Junker Alexander war schon fort, sie hatten sich auf der Clever Burg beim Hochzeitsfest verabredet. Dort auf der Burg herrschte unter dessen ein reges Treiben. Kaiser Heinrich war schon eingetroffen um an den Feierlichkeiten teil zu nehmen. Im Thronsaal des prächtig geschmückten Schlosses hatte Elsa, als die neue Herrin der Burg, die Vasallen ihres verstorbenen Vaters um sich versammelt um sie, so wie es alter Brauch war, den neuen Lehnseid sprechen zu lassen.

"Beugt Euer Knie und schwöret mir Vasallentreue, so wie Ihr meinem Vater gedient habt",

gebot Elsa den Erschienenen. Gehorsam knieten die Gefolgsleute vor den Stufen des Herzogsthrones und hoben die Hand zum Schwur:

"Heil Herzogin Elsa, der Herrin von Brabant!"

gelobten sie ihrer neuen Herrin. Nur einer, Graf Friedrich von Telramund ein Weggefährte ihres Vaters, trat ihr entgegen; er sprach nicht das Treuegelöbnis, das Elsa als Herzogin rechtmäßig verlangte, und er zeigte sich nicht bereit, ihr zu huldigen.

„Ihr seit mir als Ehefrau versprochen somit bin ich der rechtmäßige Erbe eures Vaters und Herr dieses Hauses mit Euch als Weib an meiner Seite “

rief der Graf in die erstaunte Runde. Elsa erbleichte.

"Wie könnt Ihr solche anmaßenden Worte sprechen, wie könnt Ihr solche abscheuliche Lüge wagen? Niemals hat mein seliger Vater, der nun in Gottes Frieden ruht, dem Grafen solche Zusage gegeben!"

antwortete Elsa mit bebender Stimme und mit erhobener Hand schwor sie;

„Ich gelobe bei Gott, unserem Kaiser Heinrich und dem Vermächtnis meines verstorbenen Vater, dass ich einem anderen edlen Herrn versprochen bin“.

Graf Talramund trat in die Mitte des Saales, wobei er sich anbiedernd in Richtung des Kaisers verbeugte und rief mit spöttischer Stimme in die Runde;

„Kaiser Heinrich hat heute den Hochzeitstermin festgelegt, wo ist denn Euer Edelmann, ich sehe hier im Saal keinen der mir ebenbürtig wäre.“

Nun erhob sich der Kaiser von seinem goldenen Thron, der neben dem Herzogthron von Elsa stand und verkündete mit fester Stimme;

„Ich glaube meiner ehrenwerten Nichte Elsa und lege hiermit fest; wenn bis zur Mittagszeit ein anderer Edelmann zur Stelle ist wird dieser Elsa von Brabant heute ehelichen, ansonsten heiratet sie als meine folgsame Nichte den Grafen Talramund, diese meine Worte sind unwiderruflich zu befolgen“.

Erhobenen Hauptes verließ er den Saal und hinterließ eine überraschte Versammlung.

„Wer soll da schon kommen“

spottete der Graf triumphierend und zog sich in seine Gemächer zurück.

Elsa sah ihren Pastor Bernadus unter den Anwesenden und bat ihn, mit Ihr in der Schlosskapelle zu beten, dass doch ein Edelmann kommen möge. Eilenden Schrittes suchten sie die Schlosskapelle auf.

Um Punkt zwölf Uhr erklangen die Turmglocken der Burg mit einem festlichen Geläut, die weit in die Niederrheinlande zu hören waren. Die gesamte adelige Gesellschaft hatte sich wieder im großen Festsaal der Burg versammelt und harrten der Dinge die da kommen würden. Elsa saß wieder neben dem Kaiser auf ihrem Thron und nestelte nervös an ihr festliches Gewandt.

„Dort, dort“

rief ein Knappe aufgeregt und zeigte auf den Fluss unterhalb der Burg. Alle Blicke wandten sich zum Strome hin und siehe da, auf dem „Kermisdahl“ nahte ein Kahn, in dem stand aufrecht ein stolzer Ritter in einer silbern schimmernden Waffenrüstung. Gezogen wurde das ungewöhnliche Gefährt von einem prächtigen weißen Schwan, der mit einer silbernen Kette den Kahn zog.

„Hurra, hurra, hurra“

schallte es dem ankommenden Ritter von den versammelten Edelleuten entgegen, als er die Stufen der Burg hinauf ging. Jan, der wieder die Gestalt eines Menschen angenommen hatte, trug die schwere Holztruhe mit dem goldenen Schwan und begleitete nun Lohengrin als Trauzeuge. Oben im Festsaal ging ein Raunen durch die Reihen, als die Beiden dort eintrafen.

„Mein Name ist Lohengrin“

stellte sich der edle Ritter vor nachdem er sich vor Elsa und dem Kaiser hin gekniet hatte.

„Ich bitte Euch Kaiser Heinrich um die Hand eurer Nichte Elsa von Brabant“,

und Elsa zugewandt,

„Weil ich von Eurer liebenswerten Schönheit reden hörte, bin ich hierher geeilt: Erlaubet mir, dass ich um Eure Hand bitte, Herzogin Elsa, dass ich Euch bitte, mit mir in ritterlicher Minne den Ehebund zu schließen."

Mit hochroten Kopf antwortete Elsa;

„Ihr habt mir die Ehre zurück gegeben Ritter Lohengrin, weil ihr heute hier erschienen seid, wenn mein Oheim Kaiser Heinrich es erlaubt, nehmt mich zu eurem Weibe". Der Kaiser erhob sich von seinem Thron als er Sprach;

„So soll es sein Herzog und Herzogin von Cleve, ruft den Pfarrer damit er euch auch Gottes Segen gibt“.

Graf Talramund hatte verloren. Nachdem der Kaiser diese Worte gesprochen hatte, verließ der Graf fluchtartig den Saal und ward nie mehr auf der Burg gesehen.

In Anwesenheit von Jan und Junker Alexander als Zeugen, traute Pastor Bernadus aus Donsbrüggen den Ritter Lohengrin und die Herzogin Elsa. Er segnete sie im Namen Gottes als Mann und Frau.

„Und nun hier mein Brautgeschenk an die Herzogin und die Burg von Cleve“

rief der Ritter in die neugierig gewordene Hochzeitsrunde. Er öffnete die schwere Truhe und hob den goldenen Schwan empor mit den Worten:

„Dieser Goldene Schwan wurde in Nütterden für euch gefertigt, setzt ihn auf den höchsten Turm dieser Burg. Der goldene Schwan soll euch und eure Untertanen alle Zeit beschützen.“

Unter riesigem Jubel der Hochzeitsgesellschaft sprach er weiter;

„Diese Burg soll ab heute Schwanenburg heißen und weit über die Grenzen von Cleve Ruhm erlangen. Lasst uns den Tag gebührend feiern“

Es begann ein rauschendes Fest, so wie es die Burg und die Stadt Cleve noch nie gesehen hatte.

Bevor sich der Herzog und die Herzogin zu später Stunde in ihre Kemenate zurück zogen, erinnerte Lohengrin seine Frau noch mal eindringlich an das Gelöbnis, an das er durch das Gebot seines Ritterordens gebunden sei.

"Niemals darfst du mich nach meiner Herkunft fragen, Elsa",

sagte er mahnend, “niemals brichst du dieses Gelöbnis, so bin ich dir auf immer verloren!"

So lebten sie einige Jahre glücklich und zufrieden und bekamen zwei Kinder. Bis eines Tages, als Elsa es vor Neugierde nicht mehr aushielt.

"Sind wir es nicht unsern Kindern schuldig, dass sie die Herkunft ihrer Eltern kennen?"

Lohengrin fuhr auf.

"Elsa", rief er beschwörend, "du spielst mit unserm Eheglück! Elsa, halt ein!"

Aber ihr Wort war nicht mehrzurückzuhalten.

"Wenn du mich ehrlich liebst, so sage mir, Lohengrin, welcher Herkunft du bist."

Totenbleich blickte er auf die Frau, die er so liebte.

"Elsa, nun ist es um unser Eheglück geschehen. Das verhängnisvolle Wort ist gesprochen. Sieh dort hinüber zum Kermisdahl!"

Sie blickte in die Richtung zum Strom, wohin sein ausgestreckter Arm zeigte. Ruhig und gemessen näherte sich von dort der Schwan Jan, den sie kannte mit dem Boot, das ihr einst den Geliebten zugeführt hatte.

„Du hast es so gewollt“,

 sagte Lohengrin mit trauriger Stimme und eilte hinunter zum Fluss. So mysteriös wie er gekommen war, so verschwand der Ritter wieder. Er war für immer für die Herzogin von Cleve und ihre Kinder verloren.

 

Jan der Fischersohn aus Nütterden mit seinen mystischen Fähigkeiten kommt in weiteren Geschichten als Fabelwesen in „Kleverländisch“ vor, doch niemals mehr als stolzer, weißer Schwan...........